Haeun Lee

ist eine Künst­ler*in, die sich auf Video und Per­for­mance spe­zi­a­li­siert hat und der­zeit an der Kunst­aka­de­mie Düs­sel­dorf stu­diert. Haeuns künst­le­ri­sche Pra­xis dreht sich vor allem um die viel­schich­ti­ge Er­fah­rung des Kör­pers und um­fasst die Ver­bin­dun­gen und Tren­nun­gen zwi­schen ver­schie­de­nen En­ti­tä­ten sowie die Trans­for­ma­ti­on des Kör­pers in Zeit und Raum. Haeun un­ter­sucht den Kör­per aus ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven und ver­sucht, diese Un­ter­su­chun­gen in eine ei­gen­stän­di­ge vi­su­el­le Spra­che zu über­set­zen. Ihr künst­le­ri­sches In­ter­es­se an der Aus­deh­nung und Ver­än­de­rung des Kör­pers kon­kre­ti­siert sich in Haeuns Video- und Per­for­man­ce­a­r­bei­ten, in denen der Kör­per in sei­nem Pro­zess der Über­schrei­tung phy­si­scher Gren­zen im Fluss des Au­gen­blicks fest­ge­hal­ten und ge­stal­tet wird. Diese Ar­bei­ten po­si­tio­nie­ren den Kör­per neu im Raum und schaf­fen eine Bühne, auf der ver­schie­de­ne En­ti­tä­ten ko­exis­tie­ren und in­ter­a­gie­ren, wo­durch vi­su­el­le und phy­si­sche Rhyth­men und Mus­ter ent­ste­hen.

Film DAPH­NE (2023, 3 min)
Die­ses Werk ist in­spi­riert von Han Kangs Roman The Ve­ge­ta­ri­an und der Ge­schich­te von Daph­ne aus der rö­mi­schen und grie­chi­schen My­tho­lo­gie. Es un­ter­sucht die Ver­bin­dung zwi­schen dem Kör­per einer Frau und der Natur als zwei schein­bar ge­gen­sätz­li­che, je­doch in­ein­an­der ver­wo­be­ne Exis­ten­zen. In bei­den Ge­schich­ten er­fährt die Frau ein kör­per­li­ches Opfer im Ver­hält­nis zu einer ge­walt­tä­ti­gen Au­ßen­welt und ver­wan­delt sich in einen Baum – eine na­tür­li­che En­ti­tät. Durch diese sym­bo­li­sche Me­ta­mor­pho­se hin­ter­fragt das Werk die ge­mein­sa­men Er­fah­run­gen von Frau­en­kör­pern und Bäu­men als Ver­kör­pe­run­gen des Le­bens.

An­statt "Frau" und "Natur" als sta­ti­sche Sub­jek­te dar­zu­stel­len, er­forscht das Werk den Pro­zess des Über­g­angs (trans-) zwi­schen zwei Kör­pern mit un­ter­schied­li­chen Iden­ti­tä­ten. Hier wird trans- als ein exis­ten­zi­el­ler und er­fah­rungs­ba­sier­ter Wan­del jen­seits einer ein­fa­chen Trans­for­ma­ti­on auf­ge­fasst, der Fra­gen nach kör­per­li­cher Iden­ti­tät und Gren­zen in einer neuen phy­si­schen Form auf­wirft.

Die Künst­le­rin re­flek­tiert durch diese trans- Me­ta­pher, wie der weib­li­che Kör­per his­to­risch und bis heute als „an­de­rer“ wahr­ge­nom­men und als Teil einer kon­su­mier­ba­ren Natur aus­ge­beu­tet wird – nicht nur in den Kon­tex­ten von In­dus­tri­a­li­sie­rung und Im­pe­ri­a­lis­mus, son­dern auch in der mo­der­nen Welt. Ob­wohl der Kör­per einer Frau und ein Baum kon­tras­tie­ren­de Ei­gen­schaf­ten be­sit­zen – mensch­lich ver­sus na­tür­lich – tei­len sie die Er­fah­rung von Frag­men­tie­rung und Aus­beu­tung durch lang­jäh­ri­ge pa­tri­a­r­cha­le und ka­pi­ta­lis­ti­sche Struk­tu­ren.

Aus die­ser Per­spek­ti­ve ver­bin­det das Werk die phy­si­schen Ei­gen­schaf­ten bei­der En­ti­tä­ten und ver­kör­pert ihr ge­teil­tes his­to­ri­sches Schick­sal und ihre Er­fah­rung als „Kör­per des An­de­ren.“ Statt einer blo­ßen An­samm­lung von ver­schie­de­nen Kör­pern ent­steht der trans-for­mier­te Kör­per als ima­gi­na­ti­ve Neu­be­trach­tung von Kör­per­lich­keit. In der Ar­beit Daph­ne zeigt sich die­ser „Zwi­schen­raum“-Pro­zess als ein Ver­we­ben und Ver­schmel­zen des Frau­en­kör­pers mit der Natur zu einer voll­kom­men neuen Di­men­si­o­na­li­tät.


Ausstellungsansicht